Pflichtteil des Ehegatten
Ehegatten nehmen im Erbrecht eine Sonderrolle ein. Dies zeigt sich bereits bei der gesetzlichen Erbfolge, bei der es darauf ankommt, in welchem Güterstand die Ehegatten leben und wer neben dem Ehegatten zum Erben berufen ist. Da das Pflichtteilsrecht einen Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beinhaltet und der Ehegatte pflichtteilsberechtigt ist, gelten diese Besonderheiten im Pflichtteilsrecht für Ehegatten fort. Es gibt aber auch beim möglichen Ausschluss des Pflichtteils bei Ehepartnern Besonderheiten.
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Wie hoch ist der gesetzliche Erbteil des Ehegatten?
Bei Ehegatten kommt es darauf an, in welchem Güterstand sie vor dem Tod des ersten Ehegatten gelebt haben. Haben sie einen Ehevertrag geschlossen und Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbart? Oder lebten sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Regelfall)? Zudem kommt es je nach Güterstand auch darauf an, neben wem der überlebende Ehegatte zum Erben berufen wird.
Wie hoch ist der gesetzliche Erbteil in der Zugewinngemeinschaft
Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft sind die Vorschriften § 1931 BGB und § 1371 BGB zu beachten. Nach § 1931 BGB erbt der überlebende Ehegatte in der gesetzlichen Erbfolge neben Verwandten der ersten Ordnung einen Anteil in Höhe eines Viertels des Nachlasses des Erblassers. Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern erbt er die Hälfte des Nachlasses.
In beiden Fällen erbt der überlebende Ehegatte nach § 1371 BGB im Rahmen der Zugewinngemeinschaft ein pauschal weiteres Viertel der Erbschaft. Er würde mithin neben Verwandten der ersten Ordnung insgesamt die Hälfte und neben Verwandten der zweiten Ordnung drei Viertel erben.
Sind weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, erbt der überlebende Ehepartner sogar den gesamten Nachlass (§ 1931 BGB).
Wie hoch ist der gesetzliche Erbteil bei der Gütertrennung?
Wenn die Ehegatten im Güterstand der Gütertrennung gelebt haben, kommt es darauf an, wie viele Kinder der Erblasser hatte. Bei (maximal) einem Kind des Erblassers beträgt die Erbquote der gesetzlichen Erbfolge die Hälfte, bei zwei Kindern beträgt das Erbe ein Drittel und ab drei Kindern beträgt die Quote ein Viertel, § 1931 Absatz 4 BGB.
Wie hoch ist der gesetzliche Erbteil bei Gütergemeinschaft?
Wenn die Ehegatten Gütergemeinschaft vereinbart haben, bedeutet dies, dass ihnen bereits lebzeitig das Vermögen gemeinschaftlich gehört (Ausnahme hiervon ist das sogenannte Sondereigentum). Der überlebende Ehepartner ist daher in der Gütergemeinschaft bereits lebzeitig hälftiger Eigentümer des Vermögens und erhält bei Versterben seines Ehepartners neben Verwandten der ersten Ordnung ein weiteres Viertel des Nachlasses (Wirtschaftlich ein Achtel des Gesamtvermögens). Neben Verwandten der zweiten Ordnung und neben Großeltern des Erblassers erbt der überlebende Ehepartner die Hälfte des Nachasses beziehungsweise ein Viertel des Gesamtgutes.
Wie wird die Pflichtteilshöhe bei Ehegatten ermittelt?
Wurde ein Ehegatte durch ein Testament oder einen Erbvertrag enterbt, steht ihm der Pflichtteil nach § 2303 Absatz 2 BGB zu. Der Pflichtteil beträgt nach § 2303 Absatz 1 Satz 2 BGB die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Bei Ehegatten muss daher genau geprüft werden, in welchem Güterstand sie gelebt haben, um klären zu können, wie hoch die gesetzliche Erbquote ist, die Aufschluss über die Pflichtteilsquote gibt.
Wie hoch ist der Pflichtteil in der Zugewinngemeinschaft?
Grundsätzlich steht dem überlebenden Ehegatten ein Pflichtteilsanspruch nach § 1931 BGB zu. Dieser beträgt neben Kindern des Erblassers ein Achtel beziehungsweise, wenn der Erblasser kinderlos verstorben ist, ein Viertel.
Darüber hinaus ist die Besonderheit aufgrund der Zugewinngemeinschaft zu prüfen. Entscheidend ist hier die Vorschrift des § 1371 BGB. Es kommt für die Höhe des Pflichtteils entscheidend darauf an, ob die überlebende Ehefrau oder der überlebende Ehemann im Testament als Erbe vorgesehen ist. Wurde er im Testament als Erbe oder Vermächtnisnehmer zwar bedacht, aber in zu geringem Maß, hat er die Möglichkeit, den sogenannten großen Pflichtteil zu verlangen. Ein zu geringes Maß bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der zugedachte Erbteil geringer ist als der Pflichtteil.
In diesem Fall wird der wird der Anspruch auf den Zugewinnausgleich pauschal mit einem Achtel beim Pflichtteilsberechtigten berücksichtigt. Mithin beträgt der gesamte Pflichtteil (inklusive pauschalem Zugewinnausgleich) in diesen Fällen ein Achtel. Hatte der Erblasser keine Kinder beträgt der Pflichtteil (inklusive pauschalem Zugewinnausgleich) drei Achtel. Dies wird als sogenannter großer Pflichtteil bezeichnet.
Wurde der Ehegatte dagegen durch ein Testament (oder Erbvertrag) enterbt und erhält er auch kein Vermächtnis, kann er neben dem Pflichtteil aus § 1931 BGB keinen weiteren Pflichtteil verlangen, sondern den regulären Zugewinnausgleich. Dies wird als sogenannter kleiner Pflichtteil bezeichnet. Entsprechendes gilt auch dann, wenn der Ehegatte die im Testament vorgesehene Erbschaft oder das Vermächtnis ausschlägt.
Gibt es ein Wahlrecht zwischen großem Pflichtteil und kleinem Pflichtteil bei Ehepartnern?
Anders als häufig fehlerhaft dargestellt, hat der überlebende Ehegatte grundsätzlich kein Wahlrecht zwischen dem großen Pflichtteil und dem kleinen Pflichtteil. Wenn der Ehegatte enterbt wurde oder das Erbe beziehungsweise das Vermächtnis geringer als der Pflichtteil sind, dann hat der überlebende Ehegatte (lediglich) die Möglichkeit, den erhöhten großen Pflichtteil geltend zu machen. Wenn der Ehegatte dagegen im Testament als Erbe eingesetzt wurde oder ein Vermächtnis erhält, kann er grundsätzlich nur den kleinen Pflichtteil geltend machen.
Insofern hat er allerdings tatsächlich die Wahlmöglichkeit insoweit, dass er das Erbe ausschlagen könnte. In diesem Fall hat er die Möglichkeit statt des kleinen Pflichtteils den großen Pflichtteil zu erhalten. Hier muss er allerdings schnell handeln, da die Frist im Erbrecht zur Ausschlagung der Erbschaft in der Regel gerade mal sechs Wochen ab Bekanntgabe der letztwilligen Verfügungen durch das Gericht beträgt. Verpasst er die Frist verbleibt es beim Anspruch auf den kleinen Pflichtteil. Das bedeutet, dass er in dieser speziellen Konstellation tatsächlich eine Wahlmöglichkeit besteht, ob kleiner Pflichtteil oder großen Pflichtteil geltend gemacht wird.
Wie hoch ist der Pflichtteil bei Gütertrennung?
Wenn die Ehegatten im Güterstand der Gütertrennung gelebt haben, beträgt der Pflichtteil ein Viertel, wenn der Erblasser maximal ein Kind hatte. Bei zwei Kindern beträgt der Pflichtteil ein Sechstel und bei mehr Kindern beträgt der Pflichtteil ein Achtel.
Wie hoch ist der Pflichtteil in der Gütergemeinschaft?
In der Gütergemeinschaft beträgt der Pflichtteil neben Verwandten der ersten Ordnung ein Achtel beziehungsweise neben Verwandten der zweiten Ordnung und neben Großeltern ein Viertel.
Ausschluss des Pflichtteilsrechts bei Scheidung
Lagen beim Erbfall die Voraussetzung für eine Scheidung nach § 1565 BGB vor und hat der Erblasser beim Gericht einen Scheidungsantrag gestellt oder diesem zugestimmt, entfällt der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten und somit auch sein Pflichtteilsanspruch. Zu beachten ist allerdings, dass ein vor Scheidung errichtetes Testament nicht zwingend seine Wirksamkeit verliert, so dass in diesem Fall gegebenenfalls auch bei Vorliegen der Scheidungsvoraussetzung der überlebende Ehegatte noch etwas erben kann, sofern das Testament nicht vorher aufgehoben wird.
Gegen wen hat der Ehepartner den Anspruch?
Der Anspruch des überlebenden Ehepartners richtet sich gegen den oder die Erben. Wenn der Erbe Pflichtteilsergänzungsansprüche durch eine Einrede nach § 2328 BGB zurückweisen kann, kann der Pflichtteilsberechtigte gegebenenfalls einen Anspruch gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB haben.
Steuerliche Erwägungen
Es gibt Konstellationen, in denen es sinnvoll erscheint, dass der überlebende Ehegatte nicht erbt und möglicherweise auch keinen Pflichtteil geltend machen sollen. Vielleicht dann, wenn dieser ohnehin hinreichend eigenes Vermögen hat. Allerdings darf in solchen Situation nie vergessen werden, dass die Freibeträge für Erbschaftsteuern insbesondere Erbschaften (und den Pflichtteil) des Ehegatten begünstigten. Daher sollte je nach konkretem Sachverhalt überlebt werden, ob doch zumindest der Pflichtteil geltend gemacht wird.
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