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Pflichtteil einklagen / Pflichtteilsklage

Pflichtteil außergerichtlich geltend machen

Wenn eine pflichtteilsberechtigte Person vom Erblasser mittels Testament (oder Erbvertrag) enterbt wurde und dieser Pflichtteilsberechtigte im Erbfall seinen Pflichtteil geltend macht, wird in der Regel zunächst außergerichtlich der Erbe kontaktiert, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Je nach Ausgestaltung im Testament können auch mehrere Erben als Erbengemeinschaft durch den Erblasser eingesetzt sein und sind demnach Anspruchsgegner. Der Pflichtteilsberechtigte kann sich in einem solchen Fall aussuchen, an wen er sich aus der Erbengemeinschaft, die gesamtschuldnerisch haftet, wendet. Er fordert dabei Auskunft hinsichtlich des Nachlasses und Auszahlung seiner Ansprüche.

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Es kommt regelmäßig vor, dass sich der Pflichtteilsberechtigte und der Erbe gar nicht oder aber zumindest nicht auf die Höhe des Pflichtteils einigen können. Sei es wegen mangelnden Vertrauens des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben oder weil der Erbe keine oder nur unzureichende Informationen über den Nachlass und damit auch über den tatsächlichen Pflichtteilsanspruch preisgibt. Auch gibt es Konstellationen, bei denen der Erbe versucht, (vermeintliche) Gegenrechte oder Kürzungsansprüche durchzusetzen, die wiederum der Pflichtteilsberechtigte nicht akzeptiert. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn lebzeitige Zuwendungen an de Pflichtteilsberechtigten der Höhe oder dem Grunde nach in Streit stehen oder wenn behauptet wird, der Nachlass sei wertlos. In anderen Fällen gibt es unüberbrückbare Differenzen, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers vorlagen und die erst dazu geführt haben, dass der Berechtigte durch ein Testament enterbt wurde. In allen diesen und ähnlichen Konstellationen wird eine außergerichtliche Streitbelegung schwer bis unmöglich, so dass eine gerichtliche Klärung als letztes Mittel notwendig ist.


Wer kann den Pflichtteil einklagen?

Den Pflichtteil einklagen, kann derjenige, derjenige der pflichtteilsberechtigt ist. Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel, usw.), der Ehepartner sowie gegebenenfalls die Eltern, sofern keine Abkömmlinge existieren. Abkömmlinge schließen sich in absteigender Reihenfolge aus. Das bedeutet, dass die Enkel kein Pflichtteilsrecht haben, solange die Kinder leben und so weiter. Geschwister, Lebenspartner, Tanten, Onkel, Neffen und Nichten sind genauso wenig pflichtteilsberechtigt wie andere Personen. Der Kreis der Pflichtteilsberechtigten, die den Pflichtteil einklagen können, ist mithin sehr eng umgrenzt.

Leistungsklage gegen Erben bei Streitigkeiten über Pflichtteil

Kommt es außergerichtlich zu keiner Einigung muss der Pflichtteilsberechtigte entscheiden, ob er gerichtlich mittels Klage seinen gesetzlichen Pflichtteil einklagen will. In bestimmten Konstellationen bietet es sich im Erbrecht an zunächst die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnis zu fordern, statt sofort die Ansprüche einzuklagen.

Das dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn zu vermuten ist, dass über verschiedene Konten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde, da der Notar die Informationen bei den jeweiligen Kreditinstituten (nach Bevollmächtigung durch den Erben) regelmäßig einholen wird. Ein Pflichtteilsberechtigter hat einen Anspruch darauf, dass ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt wird - unabhängig davon, in welcher Qualität vorhergehende Auskünfte erteilt wurden. Der Erbe kann allerdings grundsätzlich entscheiden, welchen Notar er beauftragt. Zudem sind die beim Notar entstehenden Kosten als Nachlassverbindlichkeiten vom Erbe abzugsfähig, so dass sich hierdurch indirekt die Höhe des Pflichtteilsanspruchs anteilig reduziert.

Je nachdem, in welchem Stadium sich die außergerichtlichen Verhandlungen über den Pflichtteil befinden, kann der Pflichtteilsberechtigte dies unmittelbar mit einer „gewöhnlichen“ Leistungsklage tun. Das bedeutet, er erhebt Klage und beziffert den konkreten Pflichtteil. Dieser Fall tritt dann ein, wenn bereits ein vollständiges Verzeichnis über den Nachlass vorgelegt wurde, aber über die Höhe der Pflichtteilsansprüche gestritten wird (etwa aufgrund unterschiedlicher Einschätzung des Wertes eines oder mehrerer Vermögensgegenstände aus dem Nachlass oder bei Streit über die Pflichtteilsquote). Ferner kann es auch dann der Fall sein, wenn zwar einerseits die Höhe des Anspruchs unstreitig ist, jedoch der Erbe - möglicherweise wegen eines Zahlungsengpasses, die unmittelbare Zahlung verweigert.

Auskunftsklage gegen Erben bei Streitigkeiten über Pflichtteil

Regelmäßig führt bereits die gesetzliche Pflicht zur Auskunft mittels Vorlage eines vollständigen Nachlassverzeichnisses zu Streit. Wenn die Auskunft nicht oder nur unvollständig erfüllt wurde, kann der Pflichtteilsberechtigte häufig gar keinen bezifferten Leistungsantrag stellen, weil ihm hierzu die Informationen fehlen. Er ist in einer solchen Situation jedoch nicht schutzlos. Das Erbrecht bietet ihm hierzu den Auskunftsanspruch gegen den Erben, den er in Form einer Auskunftsklage einklagen kann. Dies kann sowohl durch ein privatschriftliches Nachlassverzeichnis (Regelfall) oder durch notarielles Nachlassverzeichnis erfolgen und soll den Pflichtteilsberechtigten in die Lage versetzen, seine Ansprüche zu berechnen. Es obliegt dem Pflichtteilsberechtigten, zu entscheiden, welche Form des Verzeichnisses des Nachlasses er wünscht. Wenn er ein notarielles Verzeichnis wünscht, muss er sich jedoch im Klaren sein, dass die hierdurch entstehenden Kosten Nachlassverbindlichkeiten darstellen, die somit den Pflichtteilsanspruch, der ihm zusteht, verringern. Je nach Ausgang des gerichtlichen Verfahrens auf Auskunft kann der Anspruchsteller eine Leistungsklage auf Zahlung erheben. Der Nachteil eines solchen Vorgehens ist, dass durch Erhebung einer Auskunftsklage die dreijährige Verjährungsfrist im Hinblick auf den Zahlungsanspruch nicht gehemmt wird. Die Hemmung der Verjährung des Zahlungsanspruchs auf den Pflichtteil erfolgt erst durch das Einklagen auf Zahlung. Bis dahin kann der Anspruch auf den Pflichtteil jedoch bereits verjährt sein, wenn die Frist nicht eingehalten ist.

Stufenklage gegen Erben bei Streitigkeiten über Pflichtteil

In solchen Fällen ist häufig die sogenannte Stufenklage das Mittel der Wahl, um den Pflichtteil einklagen zu können. Mit der Stufenklage kann der Kläger gleichzeitig einen Auskunftsanspruch und einen (unbezifferten) Leistungsantrag auf Zahlung des Pflichtteils einklagen und rechtshängig machen. Der Leistungsantrag muss bei einer Klage zwar normalerweise mit einer konkret geforderten Zahlungshöhe hinreichend bestimmt sein. Im Rahmen der Stufenklage erfolgt als Ausnahme die Besonderheit, dass die konkrete Bezifferung des Zahlungsanspruchs auf den Pflichtteil erst nach Abschluss der Auskunftsstufe beziehungsweise einer optionalen Stufe zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfolgen kann. Die Auskunftsstufe ist wiederum zu unterteilen in einen Auskunftsanspruch und in den Wertermittlungsanspruch.

Der Auskunftsanspruch gibt dem Pflichtteilsberechtigten Aufschluss darüber, welche Vermögenswerte im Nachlass insgesamt existieren. Er wird erfüllt, indem dem Pflichtteilsberechtigten ein Nachlassverzeichnis über den Bestand und des fiktiven Nachlasses zur Verfügung gestellt wird. Der Wertermittlungsanspruch behandelt dagegen die Frage des jeweiligen Wertes der Vermögensgegenstände, die in das Erbe fallen. Dies gilt insbesondere für Grundbesitz, Immobilien, Gesellschaftsanteile oder werthaltige Gegenstände, wie Schmuck und so weiter. Wenn der Erbe diese Ansprüche nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann diese Pflicht des Erben durch Zwangsvollstreckungsmittel durchgesetzt werden, indem die Auferlegung eines Zwangsgeldes beziehungsweise im schlimmsten Fall sogar Zwangshaft eingeklagt wird.

Im Anschluss erfolgt schließlich die Leistungsstufe, bei der anhand der Erkenntnisse der vorherigen Verfahrensabschnitte der konkrete Pflichtteilsanspruch (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) berechnet wird. Die Leistungsstufe ist jedoch bereits mit Klageerhebung rechtshängig und wirkt somit unmittelbar verjährungshemmend, selbst wenn die Stufe erst nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist eingetreten wäre. Dementsprechend sind auch Verzugszinsen bereits spätestens ab Rechtshängigkeit der Klage geschuldet. Wurde der Erbe bereits früher in Verzug gebracht, gilt der frühere Verzugszeitpunkt.

Welche Klageart ist zum Einklagen des Pflichtteils sinnvoller?

Da sich der für die Gebühren des Gerichts und der Anwälte relevante Streitwert am höheren Wert orientiert, werden durch die Stufenklage die Kosten erhöht. Mithin ist die reine Auskunftsklage kostenmäßig günstiger als die Stufenklage. Wenn dagegen einzeln erst auf Auskunft und später auf Zahlung geklagt wird, ist dies kostenintensiver, da in diesem Fall der Pflichtteil durch zwei Klagen durchgesetzt wird. Den Kostenerwägungen steht insbesondere die Frage der Verjährung des Pflichtteils gegenüber.

Ob und welche Klageart im konkreten Fall als Pflichtteilsklage die sinnvollste ist, muss im Einzelfall gesondert geprüft werden. Neben den Fragen zur Verjährung und den unterschiedlichen Kostenfolgen spielen auch taktische Gesichtspunkte eine erhebliche Rolle; nicht zuletzt da gerichtliche Verfahren in der Regel langwierig und nervenaufreibend sind, so dass eine außergerichtliche Einigung häufig vorzugswürdig ist.

Vorsicht - Pflichtteil trotz Testament

In einer Konstellation ist besondere Vorsicht geboten und zwar, wenn der Pflichtteilsberechtigte selbst als Erbe eingesetzt wurde, muss er die Erbschaft rechtzeitig innerhalb von sechs Wochen ausschlagen, um den Pflichtteil geltend machen zu können (§ 2306 BGB). EEs handelt sich bei der Ausschlagungsfrist um eine Ausschlussfrist. Ohne Ausschlagung kann der Berechtigte nicht den Pflichtteil einklagen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Erblasser in seinem Testament das Erbe des Pflichtteilsberechtigten beschwert hat. Das könnte etwa dann relevant sein, wenn jemand formal als Erbe eingesetzt wurde, aber per Vermächtnis der gesamte Nachlass an eine andere Person übergehen soll.

Durch die Ausschlagung wird der Pflichtteilsberechtigte so behandelt, als wäre er enterbt worden. Nur dann kann er seinen gesetzlichen Pflichtteil geltend machen - zunächst außergerichtlich und anschließend mittels Klage. Die Frist beginnt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von der Enterbung erfahren hat, jedoch nicht vor Bekanntgabe der letztwilligen Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht, § 1944 Absatz 1 BGB. Wenn der Erblasser seinen ausschließlichen Wohnsitz im Ausland hatte oder der Erbe sich bei Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat, beträgt die Frist sechs Monate.

Klage gegen den Beschenkten

Zu berücksichtigen ist, dass in den Fällen, in denen der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen gemacht hat, ein Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Pflichtteilsergänzung nach § 2325 BGB in Betracht kommt. Wenn jedoch der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt ist, kann er die Ergänzung des Pflichtteils per Einrede verweigern, wenn ihm andernfalls mit seinem Erbteil nicht sein eigener Pflichtteil und Pflichtteilsergänzungsanspruch verbleibt. In diesen Fällen ist der Pflichtteilsberechtigte auf den Beschenkten verwiesen, gegenüber dem ihm dann sein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht. Die Verjährungsfrist für diesen Anspruch beginnt nach § 2332 Absatz 1 BGB allerdings bereits mit dem Erbfall. Es ist mithin der Regelfall, dass dieser Anspruch im Hinblick auf lebzeitige Schenkungen des Erblassers gegen den Beschenkten früher verjährt, als der Anspruch auf den Pflichtteil gegen den Erben. Die Klage gegen den Erben hemmt jedoch nicht den Anspruch gegen den Beschenkten. Im für den Pflichtteilsberechtigten ungünstigsten Fall erhebt der Erbe die Einrede so spät, dass der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteilsanspruch gegen den Beschenkten zu spät geltend macht. Vor diesem Hintergrund ist in solchen Fällen zu empfehlen, rechtzeitig den Sachverhalt zu ermitteln und gegebenenfalls gleichzeitig gegen den Erben und den Beschenkten vorzugehen, um den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch nicht zu verlieren.

Was gilt bei einer Pflichtteilsstrafklausel?

In der Regel werden in Testamenten von Ehegatten, bei denen sich diese gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder als Schlusserben einsetzen (Berliner Testament), die Kinder für den ersten Erbfall enterbt. In diesen Fällen steht den enterbten Kindern grundsätzlich bereits beim ersten Erbfall der Pflichtteil zu. Häufig wird für einen solchen Fall jedoch in das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel aufgenommen, die besagt, dass ein Kind, welches im ersten Erbfall den Pflichtteil gegen den Willen des überlebenden Ehegatten geltend macht, im zweiten Erbfall ebenfalls enterbt ist und daher auch bei diesem dann nur noch den Pflichtteil geltend machen könnte.

Das bedeutet, dass bei Vorliegen einer Pflichtteilsstrafklausel zwar grundsätzlich der Pflichtteil geltend gemacht werden kann, jedoch sind dabei die hierdurch entstehenden Konsequenzen sehr genau abzuwägen.

Pflichtteil zu Lebzeiten des Erblassers einfordern?

Nicht selten ist bereits zu Lebzeiten des Erblassers bekannt, dass einer oder mehrere Pflichtteilsberechtigte enterbt beziehungsweise von ihm von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Für diese stellt sich die Frage, ob sie bereits zu Lebzeiten des Erblassers ihren Pflichtteil durchsetzen können. Die klare Antwort ist: Nein. Der Pflichtteilsanspruch entsteht erst mit Tod des Erblassers. Es ist nicht möglich den Pflichtteil vor dem Tod des Erblassers gegen dessen Wille einzuklagen.

Allerdings kann es sich je nachdem für alle Beteiligten inklusive des Erblassers anbieten, bereits vorab einen Pflichtteilsverzichtsvertrag abzuschließen, wonach die Berechtigten auf ihre Pflichtteilsansprüche verzichten. Dieser Verzicht wird häufig gegen eine Zahlung beziehungsweise Zuwendung eines Vermögenswertes erfolgen. Der Verzichtsvertrag muss notariell beurkundet werden. Mit Vereinbarung des Pflichtteilsverzichtsvertrages verliert der Berechtigte seine späteren Pflichtteilsansprüche. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass die vereinbarte Abfindung für den Pflichtteil wirtschaftlich dem Wert des Nachlasses entspricht. Ein solcher Verzicht kann auch im Rahmen eines Ehe- und Erbvertrages zwischen Ehepartnern erfolgen und auch für die Abkömmlinge des Berechtigten geschlossen werden.

Sollte der Berechtigte trotz Verzichts gegen den Erben die Zahlung des Pflichtteils einklagen, kann ihm die Verzichtsvereinbarung entgegen gehalten werden. Ihm steht dann kein Pflichtteilsanspruch mehr zu. Eine etwaige Klage würde abgewiesen werden.

Wir beraten Sie gerne

Wer vom Erblasser enterbt wurde und vor der Frage steht, wie man den Pflichtteil einklagen kann, sollte auf die Expertise von erfahrenen Rechtsanwälten im Erbrecht setzen. Das Gleiche gilt für Erben, die sich Ansprüchen auf Zahlung eines Pflichtteils ausgesetzt sehen und erst recht für zukünftige Erblasser, die ein Testament anfertigen wollen, um spätere Streitigkeiten der Erben zu vermeiden.

Unsere prozesserfahrenen Fachanwälte für Erbrecht von sherb sind Experten im Erbrecht und Pflichtteilsrecht und beraten Sie gerne bundesweit aus Frankfurt am Main und Berlin zu allen Fragen des Pflichtteils.

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